Der URBACT-Projektaufruf für Innovation-Transfer-Netzwerke ist geöffnet und damit erfolgte auch eine Aktualisierung des Partnersuch-Tools, welches Städte bei der Suche nach Projekten und nach Partnern aus ganz Europa unterstützt.
Der Projektaufruf (auch Call genannt) für Innovation-Transfer-Netzwerke läuft bis zum 24. März 2024 und unterscheidet sich leicht von anderen URBACT-Projektaufrufen: Der Pool der verfügbaren Projektideen basiert auf Projekten für städtische innovative Maßnahmen, welche in der Förderperiode 2014-2020 zwischen 2016 und 2023 umgesetzt wurden. Nur diese Städte können ein Transfer-Netzwerk leiten. Somit besteht für andere Städte die einzigartige Gelegenheit, eine neu getestete Innovation an Ihre Stadt anzupassen.
Derzeit stehen im Partnersuch-Tool über 20 Themen zur Auswahl, darunter städtische Armut, Migration, Wohnen, Sicherheit, erneuerbare Energie, Boden- und Luftqualität, Kultur und Kulturerbe, demografischer Wandel und digitaler Wandel. URBACT hat sich den Ideenpool genauer angesehen, um interessierten Städten dabei zu helfen, Themen zu identifizieren, die für Ihre Stadt am interessant sein könnten.
Energie
Energiearmut ist in vielen europäischen Städten ein vorrangiges Thema, insbesondere nachdem die Energiepreise nach Russlands anhaltendem Angriffskrieg in der Ukraine in die Höhe geschnellt sind. Getafe (ES) hat ein neues, datengestütztes Modell entwickelt, um Energiearmut zu erkennen und zu verhindern, welches die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit erleichtert, um versteckte Armut zu ermitteln. Gezielte Maßnahmen können dann auf der Ebene der einzelnen Wohnung, des Gebäudes oder der Nachbarschaft durchgeführt werden. Getafe hat gezeigt, dass dieser Ansatz die Energiearmut wirksam reduziert. Hört sich das nach einem Instrument an, das Ihre Stadt nutzen könnte?
Auf der Grundlage des partizipatorischen Ansatzes für die Energiewende hat Leidel (BE) eine lokale Energiegemeinschaft eingerichtet, die den Bürgern erschwinglichen, erneuerbaren, lokal erzeugten und autonom verwalteten Strom zur Verfügung stellt. RE/SOURCED baut auf der Dynamik für saubere Energie in ganz Europa auf, im Einklang mit dem Paket "Saubere Energie für alle Europäer". Die Ergebnisse sind für andere Städte, die die Kreislaufwirtschaft und die Bürger in den Mittelpunkt der Energiewende stellen, von großer Bedeutung.
Luft- und Bodenqualität
Städte, die Fortschritte bei der Luft- oder Bodenqualität erzielen wollen, sollten sich vor allem drei innovative Maßnahmen ansehen. Baia Mare (RO) schlägt einen revolutionären Ansatz vor, um mit Schwermetallen belastetes Land mit Hilfe von Pflanzen wieder nutzbar zu machen und es der Gemeinschaft zurückzugeben. Eine anpassungsfähige dynamische Plattform und ein Toolkit können Ihnen helfen, die beste Nutzung für das Land zu bestimmen.
Zwei italienische Städte haben bürgernahe und datengestützte Modelle zur Verbesserung der Luftqualität entwickelt. Ferrara (IT) hat kostengünstige Sensoren und mobile Luftqualitätsstationen eingerichtet, um Zonen mit hohen Emissionen zu kartieren und in städtische Grünwälder zu verwandeln. Portici (IT) hat ebenfalls ein weit verbreitetes Monitoringsystem auf der Grundlage von Citizen Science entwickelt, das mit Bildungsaktivitäten und Veranstaltungen kombiniert wird, um Verhaltensänderungen in der Bevölkerung zu fördern.
Digitalisierung
In Städten wurden digitale Werkzeuge eingesetzt, um die Politik und die Entscheidungsfindung in verschiedenen Bereichen zu unterstützen. Wien (AT) hat IKT-Lösungen entwickelt, um neue Standards bei Bauanträgen und Baugenehmigungen zu setzen. Das Tool kann an andere Genehmigungsverfahren in Städten angepasst werden und macht die Bürokratie effizienter, transparenter und kostengünstiger.
Heerlen (NL) hat eine innovative digitale Plattform geschaffen, um den öffentlichen Raum zu verbessern, das Engagement der Gemeinschaft zu fördern und Gebiete neu zu beleben. Wenn Bürger:innen öffentliche Instandhaltungsarbeiten in übernehmen erhalten sie im Gegenzug Guthaben welches sie in lokalen Geschäften und Bars einlösen können.
Ein digitales Umfeld wurde auch von Ravenna (IT) für einen Stadterneuerungsprozess im Stadtviertel Darsena gewählt. Die innovative Methodik wurde mit Hilfe digitaler Werkzeuge und einer Kultur der Zusammenarbeit entwickelt. Die DARE-Partner sammelten, verwalteten und stellten Daten und Informationen mit Hilfe einer innovativen digitalen Infrastruktur zur Verfügung, um die Entscheidungsfindung, das Erzählen von Geschichten und die Werbung zu unterstützen. Dadurch hat sich ein verstärktes Engagement für die Entwicklung Darsenas von einem verlassenen Hafengelände zu einem attraktiven städtischen Ökosystem gezeigt. Das Netzwerk könnte sich darauf konzentrieren, sowohl die technologischen als auch die methodischen Prozesse auf andere Städte zu übertragen.
Rennes (FR) hat sich direkt mit dem Thema E-Government-Lösungen befasst und ein Portal für die Nutzung und Wiederverwendung von Daten unter Wahrung der Privatsphäre sowie der Interessen des öffentlichen Dienstes entwickelt. Die Schnittstelle für wiederverwendbare städtische Daten ist zu 100 % aus einem frei verfügbarem Quellcode (Open Source) und bereit, von andere Städten aufgegriffen zu werden, welche lokale Daten nutzen wollen.
Arbeitsplätze und Qualifikation
Der Schwerpunkt in Richtung grüner und digitaler Wandel bedeutet, dass sich die Qualifikationsprofile der Arbeitskräfte in einer Stadt an diesen Wandel anpassen und weiterentwickeln müssen. Eindhoven (NL) ist mit dem Paradox konfrontiert, dass trotz des hohen Wirtschaftswachstums ein erheblicher Mangel an qualifiziertem Personal besteht, insbesondere im Bereich der Entwicklung kohlenstoffarmer Technologien. Die Platform4Work gestaltete den Weg zur Beschäftigung neu, indem ein "Qualifikationspass" entwickelt wurde, Bildungsprogramme umstrukturiert wurden und Arbeitgeber und Arbeitsuchende mithilfe der Plattform näher zusammengebracht wurden.
Aveiro (PT) möchte sich im Bereich digitalen Innovation positionieren, hat aber mit einem gravierenden Mangel an digitalen Kompetenzen zu kämpfen. Unter dem Namen „Aveiro Tech City" hat die Stadt eine Reihe innovativer Aktivitäten und Projekte eingerichtet, um Talente in den Bereichen Wissenschaft, Technik, Ingenieurwesen, Kunst und Kreativität und Mathematik, (STEAM – Science, Technology, Engineering, Arts and Creativity and Maths) anzuziehen und zu halten. Diese reichen von Bildung über Schulung bis hin zu Technologie und Dienstleistungen.
Cuenca (ES) nutzte seine besondere Lage in einer Waldregion, um einen innovativen Bioökonomie-Sektor aufzubauen. Die wichtigste Lösung war ein innovatives, auf die Bioökonomie ausgerichtetes Ausbildungsmodell. Dieses kombinierte Ausbildung, Forschung sowie die Gründung und Beschleunigung des Wachstums von forstwirtschaftlichen Unternehmen. Das preisgekrönte Modell kann auf andere EU-Städte im Bereich forstlicher Bioökonomie oder anderen Nischensektor in der Bioökonomie übertragen werden.
Kultur und kulturelles Erbe
Städte müssen alle ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen nutzen, um die Lebensqualität ihrer Bevölkerung zu verbessern, egal ob es sich um digitale, physische oder kulturelle Ressourcen handelt. In Újbuda (HU) wurden Kultur und digitale Plattformen kombiniert, um den sozialen Zusammenhalt lokaler Gemeinschaften über Kultur und Kreativität zu stärken und das bestehende Ökosystem der Kultur- und Kreativwirtschaft (KKI) zu erweitern. Neben einer digitalen Plattform wurden öffentliche Plätze renoviert und eine neue Kultureinrichtung geschaffen, in der kreative kulturelle Aktivitäten zu neuen Gemeinschaften zwischen kulturellen und technologischen Initiativen sowie öffentlichen und privaten Sektor führen können.
Die Städte können sowohl Maßnahmen mit geringem Budget als auch größere Investitionen in Betracht ziehen. Chalandri (EL) konzentrierte sich auf ein antikes Denkmal - in ihrem Fall das Hadrian-Aquädukt - als Mittel zur Stadterneuerung und zur Wiederbelebung des Gemeinschaftslebens. Mit einem sektorübergreifenden Ansatz werden in Zusammenarbeit mit den Gemeinden lokale Projekte und kulturelle Veranstaltungen entwickelt, die die lokale Geschichte aufwerten und den Umgang mit Wasser und natürlichen Ressourcen verbessern. Die Maßnahme kann auf andere Städte mit unterschiedlichen Arten von lokalem Erbe übertragen werden, um Vertrauen aufzubauen und Gemeinschaften zu fördern.
In Tilburg (NL) nutzt die Stadt die Kultur als Mittel für den sozialen Wandel. Die Entwicklung eines kulturellen Ökosystems in einem ethnisch gemischten und benachteiligten Gebiet hilft, die Kluft zwischen den Menschen am Rande der Gesellschaft und den öffentlichen Diensten, mit denen sie zu tun haben, zu überbrücken. Mehr als 3 000 junge Menschen wurden durch 150 Projekte erreicht, die sich positiv auf die Gesundheit, das Verhalten und die öffentliche Sicherheit auswirken.
Sozialer Zusammenhalt
Viele Städte verfolgen innovative und partizipatorische Ansätze, um die seit langem bestehenden Probleme der sozialen Ausgrenzung anzugehen. Seraing (BE) setzte sich mit Isolation und Gemeinschaftsbildung auseinander, indem ein experimentelles Projekt zur Wiederbelebung öffentlicher Räume im Stadtzentrum durchführt wurde. Durch einen integrativen Stadtplanungsprozess und die Schulung von Anwohner:innen wurden die Räume neugestaltet, was in weiterer Folge zu laufenden Projekten von Bürger:innen führte.
In Landshut (DE) wurde ein maßgeschneiderterer Ansatz erprobt, um den Teufelskreis von Alleinerziehenden zu durchbrechen, die aufgrund mangelnder Kinderbetreuung nicht arbeiten können. Mit Schwerpunkt auf Gesundheitsberufe, die lange und flexible Arbeitszeiten erfordern, entwickelte die Stadt eine neue Form der flexiblen Kinderbetreuung. Alleinerziehende erhalten eine Ausbildung in Kinderbetreuung, um die Kinder von Beschäftigten im Gesundheitswesen in einem miteinander verbundenen Gebäude zu betreuen. Dies ist ein neuartiger Ansatz zur Bekämpfung des Fachkräftemangels in einigen Berufen, von dem Frauen überproportional betroffen sind.
Verona (IT) bekämpft die Einsamkeit, die durch den demografischen Wandel und den Wegfall der familiären Netzwerke verursacht wird. Durch eine Kombination aus der Entwicklung eines "Einsamkeitsindex" und die Aktivierung von Gemeinschaftsressourcen sollten Einsamkeitssymptome erkannt und reduziert werden, um das Wohlbefinden zu steigern.
Brüssel (BE) nimmt sich des Problems des leistbaren Wohnraums an, mit dem viele Bürgerinnen und Bürger konfrontiert sind, und zwar durch ein Gemeinschaftswohnungsprojekt, das im Rahmen eines „Community Land Trust“ entwickelt wurde. Durch die Trennung des Eigentums an Grund und Boden vom Eigentum an den darauf errichteten Wohnungen werden Spekulationen ausgeschlossen und der Schwerpunkt auf die Bereitstellung von zugänglichem Wohnraum für diejenigen gelegt, die oft vernachlässigt werden: Familien mit geringem Einkommen, ältere Menschen, Obdachlose und alleinstehende Mütter.
Die Stadt Utrecht (NL) möchte ihr innovatives Konzept für die Aufnahme und Integration von Neuankömmlingen in der Stadt, insbesondere von Asylbewerber:innen, vorstellen. Indem die Art und Weise, wie Neuankömmlinge untergebracht, integriert und geschult werden, völlig neu gestaltet, wurden sinnvolle Begegnungen jenseits der Etikettierung als "Flüchtling" oder "Einheimischer" ermöglicht. Die Flexibilität und der Fokus auf die unmittelbare Umgebung der Aufnahmezentren wird es jeder Stadt, die sich dem Netzwerk anschließt, ermöglichen, ihre eigene Version zu entwickeln, die Einheimische und Neuankömmlinge miteinander verbindet.
Sicherheit in Städten
Städtische Räume nachts sicherer zu machen, ist für viele europäische Städte ein Thema. Wir wollen uns zwei Städte ansehen, die neue Ansätze für die Sicherheit in der Stadt bieten. Piräus (EL) hat ein ganzheitliches Modell entwickelt, das eine lokale Zusammenarbeit zur Verbrechensverhütung, eine Online-Plattform zur Bewertung von physischen und Cyber-Bedrohungen sowie räumliche Eingriffe zur Sicherung und Verschönerung gefährdeter Gebäude vorsieht.
Turin (IT) konzentriert sich auf einen multidisziplinären Ansatz zur Verwaltung öffentlicher Räume und zur Verbesserung des nächtlichen Sicherheitsempfindens der Bewohner:innen. Maßnahmen zur Stärkung des territorialen Potenzials unter Einbeziehung lokaler Gemeinschaften machen die Stadtviertel abends lebenswerter.
Ist etwas für Sie dabei?
Diese Städte sind auf der Suche nach Partnern für den Transfer dieser Praktiken und konkreten innovativen Maßnahmen. Über das Partnersuch-Tool können Sie sich mit einer der Städte in Verbindung setzen, um mehr zu erfahren und Ihr Netzwerk gemeinsam auszubauen.
Auf dieser Seite finden Sie alle Informationen, die Sie für eine Einreichung ihrer Projektidee beim Projektaufruf für Innovation-Transfer-Netzwerke benötigen.
Die Übersetzung basiert auf dem URBACT Artikel "Innovation Transfer Networks: the search is on for project ideas"