Jede Stadt, die an einem Projekt des europäischen URBACT-Programms teilnimmt, ist aufgerufen, eine lokale Arbeitsgruppe zu gründen (die URBACT-Local-Group - ULG). Dadurch soll gewährleistet werden, dass verschiedene lokale Stakeholder partizipativ am Konzept mitwirken, das die Stadt im Rahmen von URBACT erarbeitet. Das URBACT-Netzwerk ARCHETHICS, bei dem Leipzig Partner ist, beschäftigt sich mit Fragestellungen, wie mit unangenehmem Kulturerbe in Städten umgegangen werden kann.
Die ULG in Leipzig besteht aus ca. 30 Personen, darunter Vertreter:innen der Stadtverwaltung, der Lokalpolitik sowie der Zivilbevölkerung und des Privatsektors. Das Fallbeispiel, mit dem sich Leipzig beschäftigt, ist der Matthäikirchhof – ein zentral gelegener Ort, der eine vielschichtige, historische Vergangenheit hat. Auf dem ca. 1,9 Hektar große Areal stand lange Zeit die namensgebende Matthäi-Kirche, welche 1945 fast vollständig zerbombt wurde. Danach war der Platz geprägt durch drei neue Zweckbauten der DDR-Zeit, in die 1985 die Leipziger Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatsicherheit einzog. Nach der Wende war der Matthäikirchhof lange von Leerständen geprägt, bis sich das Arbeitsamt und das Leipziger Stasi-Unterlagen-Archiv dort ansiedelten. Bis heute bleiben große Teile des Areals ungenutzt. Dies soll nun aber geändert werden:
Beim vergangenen Treffen am 11. Februar 2025 haben die Teilnehmenden der lokalen Arbeitsgruppe den städtebauliche Siegerentwurf für das Matthäikirchhof-Areal genauer unter die Lupe genommen: Wo sich früher die Stasi-Zentrale befand, soll nun ein neuer „Dritter Ort” entstehen, also ein Begegnungsort mit vielfältigen Angeboten für alle. Doch wie könnte dieser konkret aussehen? Und wie kann ein guter Umgang mit der Geschichte des Ortes gelingen? Zum Einstieg in das Thema „Dritte Orte“ gab es zunächst einen Input von Dr. Thomas Franke vom Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) über die Bedeutung Dritter Orte als Orte der Begegnung und des Austausches. In der interaktiven Gruppenphase konnten diese Erkenntnisse direkt in die Ideensammlung mit einbezogen werden.
Unter der Moderation der ULG-Koordinator:innen Franziska Kalkbrenner und Silvia Haas, mit Unterstützung von Christoph Hümmeler und Stephan Seiler vom Stadtplanungsamt Leipzig, teilten die Teilnehmenden ihre Wahrnehmungen des Ortes und seiner Umgebung und sammelten zahlreiche Ideen für mögliche Zwischennutzungen auf dem Matthäikirchhof-Areal. Temporäre Zwischennutzungen wie Veranstaltungen, Kunstinstallationen, Märkte, Pop-up-Cafés oder (Fahrrad-)Werkstätten sollen den Matthäikirchhof wieder beleben und ihn neu in das Bewusstsein der Stadtbevölkerung rücken.
Bei dem nächsten Arbeitsgruppentreffen im April sollen die Konzepte für die Zwischennutzung und den dritten Ort weiter konkretisiert werden.
Wir sind gespannt, wie es in Leipzig weitergeht!
Erfahren Sie hier mehr über den Prozess am Matthäikirchhof im Ergebnisbericht zum städtebaulichen Wettbewerb der Stadt Leipzig oder auf der stadteigenen Website.
Lesen Sie hier mehr zum URBACT-Netzwerk ARCHETHICS, bei dem sich die europäischen Partnerstädte mit schwierigem oder kontroversem kulturellem Erbe beschäftigen.